Fallbeispiel

Syngenta-Pestizid vergiftet Trinkwasser in Costa Rica 

In Costa Rica ist das Trinkwasser von zwei Dörfern mit dem Pestizid Chlorothalonil kontaminiert. Seit Monaten muss die Bevölkerung von Tanklastwagen mit Wasser versorgt werden. Wie Public Eye aufgedeckt hat, stammt ein grosser Teil des wahrscheinlich krebserregenden Pestizides vom Basler Chemieriesen Syngenta.

Zwei Bauern mit Pestizid-Tanks am Rücken versprühen Pestizide auf einem Feld
© Jose Díaz / Public Eye

Die Anwohner:innen von Cipreses und Santa Rosa, zwei Dörfern im Hochland von Costa Rica, sorgen sich schon lange über die Qualität des Trinkwassers in ihrer Region. Als die Behörden 2022 endlich reagierten und Proben von lokalem Quellwasser im Labor untersuchen liessen, wurde schnell klar: Die Verschmutzung ist viel grösser als bisher befürchtet. Die Wasserproben erzielten Ergebnisse, die um das bis zu 200-fache über den zulässigen Höchstwerten für das Pestizid Chlorothalonil lagen. Das hochgiftige Pestizid darf in der EU und der Schweiz nicht mehr versprüht werden und gilt als «vermutlich krebserregend». 

Anwohner:innen von Cipreses holen beim Tanklaster Trinkwasser
© Jose Diaz / Public Eye

Kurz nach den Untersuchungen wies das costa-ricanische Gesundheitsministerium die Anwohner:innen in den beiden Dörfern an, das Wasser aus den Quellen weder zum Trinken noch zur Zubereitung von Speisen zu verwenden – zu gross sei die Gefahr für die Gesundheit. Stattdessen müssen die Dörfer mit Tanklastern mit Wasser versorgt werden. In den folgenden Monaten wurden weitere Quellen in der Umgebung für die Nutzung gesperrt, weil auch sie kontaminiertes Wasser enthalten. Für den lokalen Vorsitzenden der Wasserversorgung ist klar, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass noch viele weitere Quellen und Dörfer in der Region betroffen sind. Die Bevölkerung wird darüber aber im Dunkeln gelassen, weil die Mittel fehlen, um die Trinkwasserquellen systematisch zu testen.

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© Jose Díaz / Public Eye

Pestizid-Königin Syngenta 

Eine zentrale Rolle spielt bei diesem Skandal der Basler Agrochemieriese Syngenta, der das Fungizid Chlorothalonil produziert. Gemäss Zolldaten, die Unearthed und Public Eye gemeinsam analysiert haben, entfielen 26% der zwischen 2020 und 2022 in Costa Rica eingeführten Gesamtmenge an Chlorothalonil auf Syngenta. Syngenta ist damit in Costa Rica Marktführerin des hochgiftigen Pestizids.

Besonders stossend: Syngenta vermarktet das gefährliche Pestizid weiterhin in Ländern des globalen Südens, obwohl dessen Verwendung in der Schweiz sowie auch in der ganzen Europäischen Union seit einigen Jahren verboten ist. Den Grossteil verkauft Syngenta auf dem afrikanischen Kontinent, aber auch nach Kolumbien, Guatemala oder eben Costa Rica. Die lokale Bevölkerung weiss häufig nicht um die Gefahren, denen sie sich aussetzt und kann sich auch nicht gegen Syngenta wehren.

Langjährige Vergiftung – auch in der Schweiz

Ein Problem von Chlorothalonil ist, dass die Inhaltsstoffe des Fungizids in der Umwelt nur sehr langsam abgebaut werden und die Technologien, die das Wasser filtern könnten, mit enormen Kosten verbunden wären. Die Erfahrungen in den europäischen Ländern, in denen die Verwendung von Chlorothalonil inzwischen verboten ist, zeigen, dass das Grundwasser wahrscheinlich noch über viele Jahre hinweg kontaminiert sein wird. Auch in der Schweiz wurde die Anwendung von Chlorothalonil erst im Jahr 2020 verboten – damals hat der Bund das Pestizid als «wahrscheinlich krebserregend» eingestuft. Zuvor wurde es seit den 1970er Jahren in der Landwirtschaft eingesetzt, lange Zeit war es das am häufigsten eingesetzte Fungizid. Die Abbauprodukte von Chlorothalonil bleiben auch in der Schweiz im Grundwasser nachweisbar. Dies hat Auswirkungen auf die Trinkwasserqualität: So ist insbesondere das Schweizer Mittelland grossflächig mit Chlorothalonil belastet, jede dritte Messstelle weist Werte leicht über dem Grenzwert von 0.1 Mikrogramm pro Liter auf.

Zum Vergleich: in Costa Rica ergaben einige Wasserproben Chlorothalonil-Werte, die 200 Mal über dem lokalen Grenzwert – der ebenfalls bei 0.1 Mikrogramm pro Liter festgesetzt ist –  lagen.

Syngenta ©Shutterstock

Die Schweiz braucht ein griffiges Konzernverantwortungsgesetz

Heute kann der Basler Konzern Syngenta in Ländern des Südens Pestizide verkaufen, die wahrscheinlich krebserregend sind, ohne dafür geradestehen zu müssen, wenn Menschen zu Schaden kommen. Damit sich das ändert und auch Schweizer Konzerne sicherstellen müssen, dass durch ihre Produkte keine Menschen zu Schaden kommen, braucht es endlich auch hierzulande ein griffiges Konzernverantwortungsgesetz.

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