Fallbeispiel

Glencores schmutziges Kohlegeschäft in Kolumbien

In Kolumbien betreibt Glencore die Kohle-Mine El Cerrejón. Die Bevölkerung leidet seit Jahrzehnten an den gesundheitlichen Folgen des Kohleabbaus, die Mine verseucht das Wasser und vergiftet die Böden. Nun will Glencore sein Kohlegeschäft massiv ausbauen – auf Kosten von Menschen und Umwelt.

In der riesigen Tagebau-Mine El Cerrejón werden jährlich rund 30 Millionen Tonnen klimaschädliche Steinkohle abgebaut. Mit 69’000 Hektaren, einer Fläche so gross wie der Kanton Glarus, gehört sie zu den grössten Kohleminen der Welt. Der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore besitzt seit 2002 einen Drittel der Mine, seit kurzem gehört sie ihm nun vollständig: Am 28. Juni 2021 verkündete Glencore, die Anteile der beiden Konzerne BHP und Anglo American an der Mine für einen Preis von insgesamt 588 Millionen US-Dollar zu übernehmen und damit die Mine künftig allein zu betreiben. Der Konzern baut damit sein Kohlegeschäft massiv aus.

Mine verursacht gravierende Umwelt- und Gesundheitsprobleme

Die lokale Bevölkerung kämpft seit Jahrzehnten gegen die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen durch die Cerrejón-Mine. Die Kohlemine hat einen desaströsen Einfluss auf die Umwelt und es kommt immer wieder zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen.

Die Kohleförderung verursacht starke Feinstaubemissionen. Die winzigen Partikel enthalten Schwermetalle, die teilweise krebserregend wirken. Die Menschen in der Region leiden an Gesundheitsproblemen wie Asthma oder anderen Atemwegskrankheiten, Herz-Kreislauf- und Lungenbeschwerden, Bluthochdruck, Hautausschlägen, Juckreiz oder anhaltenden Grippesymptomen.

Durch Abwasser aus Deponien sowie Auswaschungen an den Halden der Mine gelangen Schwermetalle und Chemikalien auch ins Wasser. Im Fluss Ranchería, der rund 450’000 Menschen in der Region mit Wasser versorgt, zeigen Messungen eine Belastung durch Blei, Cadmium und zahlreiche andere giftige Stoffe sowie massiv erhöhte Werte von Quecksilber. Wer diesen Substanzen über längere Zeit ausgesetzt ist, kann Hirn- oder Nervenschäden sowie Nierenversagen erleiden. Auch verbraucht der Bergbau extrem viel Wasser, was für die ohnehin trockene Region eine zusätzliche Belastung darstellt. Landwirtschaft ist unter diesen Bedingungen kaum mehr möglich und die Menschen leiden an Unterernährung.

Für die Erweiterung der Mine wurden in den vergangenen Jahrzehnten verschiedene Gemeinschaften aus ihren Dörfern vertrieben. Immer wieder kommt es zu Protesten und Konflikten. Die Menschen versuchen sich gegen Zwangsumsiedlungen, Vernichtung ihrer Lebensgrundlagen, Umweltzerstörung und die massive Gefährdung ihrer Gesundheit zu wehren. Glencore hat jedoch bis heute keine Verantwortung für die zahlreichen Probleme übernommen.

Das grosse Geschäft mit Kohle

Angesichts der Klimakatastrophe haben zahlreiche Konzerne ihren Ausstieg aus der Kohleförderung angekündigt. Glencore hingegen expandiert sein Kohlegeschäft: Neben Cerrejón beispielsweise auch in Australien, wo Glencore vergangenen Juni die Beteiligung an einer Kohlemine erhöht hat und diese nun ebenfalls zu 100% besitzt. 2020 hat Glencore weltweit 106.2 Millionen Tonnen Kohle gefördert, mit der vollständigen Übernahme der Cerrejón-Mine kommen weitere rund 20 Millionen Tonnen pro Jahr dazu.

Schaut man sich den Kohlepreis an, ist klar wieso: Glencore will nochmals richtig viel Profit machen, bevor zukünftige Regulierungen den Kohleabbau möglicherweise verbieten. Der Kohlepreis am Weltmarkt ist in letzter Zeit rasant angestiegen – im vergangenen Jahr um rund 329% auf über 240 USD pro Tonne (Stand 4.10.2021).

Eine Statistik zeigt die Rentabilität des Kohlegeschäfts auf: Im Jahr 2021 ist der Kohlepreis um 329% gestiegen.

Kohle-Lobbyist an der Spitze von Glencore

Die klimaschädliche Kohle-Strategie von Glencore hat auch mit einem kürzlichen Wechsel an der Spitze des Konzerns zu tun: Seit dem 1. Juni 2021 ist Gary Nagle neuer CEO des Rohstoffkonzerns und damit der Nachfolger des umstrittenen Ivan Glasenberg, der den Konzern fast zwei Jahrzehnte lang geführt hatte. Nagle, der zuvor Kohle-Chef bei Glencore war, will dieses profitable Geschäft nun mutmasslich auch als CEO weiter ausbauen.

Auch unter Nagle ist damit zu rechnen, dass der Konzern ohne verbindliche Regeln die gravierenden Missstände in und um seine Minen nicht beheben wird und dass auch in den nächsten Jahren weitere schwere Menschenrechtsverletzungen des Rohstoffkonzerns aufgedeckt werden. Für die Profitmaximierung auf Kosten von Mensch und Umwelt soll der neue CEO fürstlich entlöhnt werden: Der neue Glencore-Chef erhält bis zu 1 Million USD pro Monat – das hat der Verwaltungsrat kürzlich beschlossen.

Der neue Glencore-CEO Gary Nagle

Investitionsschutzabkommen zementiert die Macht von Glencore

Ein weiteres Beispiel dafür, wie skrupellos Glencore vorgeht, um Profit zu machen, ist eine aktuelle Investitionsschutzklage: Am 28. Mai 2021 reichte Glencore unter dem Investitionsschutzabkommen Schweiz-Kolumbien eine Klage gegen Kolumbien ein. Der Streitpunkt: Im Jahr 2016 hat der Konzern für den Ausbau des Minenprojektes La Puente, welches zu Cerrejón gehört, den Fluss Bruno umgeleitet, um an die darunterliegenden Kohlevorräte zu kommen. Das Projekt wurde aber vom kolumbianischen Verfassungsgericht gestoppt mit der Begründung, dass der neue Flussverlauf die Wasserversorgung der lokalen Bevölkerung gefährdet und die negativen Auswirkungen auf die Umwelt bei der Umleitung nicht berücksichtigt worden sind. Aber Glencore kümmert dies nicht:

Anstatt die Missstände für die Menschen und die Umwelt rund um die gigantische Kohle-Mine Cerrejón anzugehen, verklagt Glencore jetzt Kolumbien und verlangt, vom Staat dafür entschädigt zu werden, dass der Ausbau der Mine gerichtlich gestoppt wurde.

Feinstaub der Kohlemine.

Wie funktionieren Investitionsschutzklagen?

Investitionsschutzabkommen werden zwischen Staaten bilateral vereinbart, wobei den Investoren aus einem der Vertragsländer im jeweils anderen Staat gewisse Rechte zugesichert werden, wie zum Beispiel der Schutz vor Enteignung. Multinationale Konzerne können auf dieser Grundlage eine Klage einreichen, wenn sie ihre Investitionen durch eine Entscheidung des Staates gefährdet sehen. Umgekehrt sind keine Verpflichtungen für die Konzerne zum Schutz von Menschenrechten oder Umwelt in den Abkommen enthalten und die Klagemöglichkeit liegt nur einseitig beim Konzern. Klagt ein Konzern einen Staat an, ernennen die beiden Parteien ein privates Schiedsgericht. Dieses besteht nicht aus Richter:innen, sondern meist aus gut bezahlten Anwält:innen. Die Verfahren werden normalerweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt und betroffene Menschen und NGOs werden kaum einbezogen. Zudem kann das Urteil nicht angefochten werden. Die Schadenssummen, welche der Staat bei einer Niederlage bezahlen muss, sind oft massiv, was für betroffene Staaten verheerend sein kann und gleichzeitig bewirkt, dass manche zögern, bessere Menschenrechts- oder Umweltgesetze umzusetzen.

Mit Investitionsschutzabkommen können multinationale Konzerne mit enormen finanziellen Mitteln wie Glencore ihre Machtposition zementieren und sicherstellen, dass sich die Staaten, in denen sie ihre Geschäfte betreiben, kaum dagegen wehren können. Die neuste Klage ist bereits die dritte Klage Glencores gegen Kolumbien unter dem Investitionsschutzabkommen Schweiz-Kolumbien. Im Jahr 2019 musste der kolumbianische Staat aufgrund einer anderen Klage rund 19 Millionen US-Dollar an den Rohstoffmulti bezahlen.

Keine Chance auf Wiedergutmachung

Während Glencore mit der Kohle aus Cerrejón das grosse Geschäft macht und mit Klagen gegen Kolumbien versucht, seine Profite weiter zu maximieren, leidet die Bevölkerung vor Ort weiter.

27’000 Menschen haben einen offenen Brief an Glencore unterzeichnet und unterstützen folgende Forderungen an Glencore:

  • Das klimaschädliche Kohlegeschäft darf nicht ausgebaut werden.
  • Glencore muss endlich aufhören, mit seiner Kohlemine «El Cerrejón» Mensch und Umwelt zu vergiften.
  • Beim Rückbau der Mine muss die lokale Bevölkerung einbezogen werden.
  • Die Investitionsschutzklage gegen Kolumbien muss zurückgezogen werden.

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