Fallbeispiel

Mine vergiftet Kinder mit Schwermetallen

In Cerro de Pasco (Peru) sind Luft und Wasser mit Schwermetallen vergiftet. Daran schuld: Eine riesige Mine, die von Glencore kontrolliert wird. Gerade für die Kinder haben die Bleivergiftungen dramatische Folgen: Blutarmut, Behinderungen, Lähmungen.

70’000 Menschen leben in der peru­anischen Stadt Cerro de Pasco. Glencore kontrolliert hier die Minen­gesellschaft Volcan, welche, gemäss eigenen Angaben, zu den weltweit grössten Produzentinnen von Zink, Blei und Silber gehört.

Volcan rühmt sich, zu den niedrigsten Kosten der ganzen Branche zu produzieren. Den Preis dafür zahlen die Menschen mit ihrer Gesundheit. Die Mine führt zu einer extremen Umweltverschmutzung durch Blei, Arsen und viele weitere Schwer­metalle. Alles ist vergiftet: Die Luft, der Boden, das Wasser.

So hat etwa eine Studie der NGO Source International von Oktober 2022 aufgezeigt, dass verschiedene Flächen für die Freizeitnutzung, z.B. Fussballfelder oder Pärke, sowie auch Landwirtschaftsflächen mit Blei, Arsen, Kadmium und Quecksilber verschmutzt sind. Die gemessenen Werte übertrafen die nationalen Grenzwerte um ein Vielfaches. So lag z.B. die Bleikonzentration einer Bodenprobe eines Fussball- und Volleyballfeldes 42 Mal (4200%) über den nationalen Grenzwerten. Die Studie konnte auch Blei, Arsen, Kadmium, Chrom und Nickel in Wasserproben aus Lagunen, Flüssen und Bächen in Konzentrationen nachweisen, die über den nationalen und internationalen Grenzwerten liegen.

All dies hat Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung: Die Lebens­erwartung der Einwohner:innen ist fünf Jahre tiefer, die Kindersterblich­keit höher als in anderen peruani­schen Städten.

Spielplatz vor der Mine in Cerro de Pasco

Eine betroffene Mutter erzählt von ihrem 8-jährigen Sohn, er heisst Benjamin: «Es fing damit an, dass er immer Nasenbluten hatte. Wir dachten zuerst, das sei normal. Dann bekam er Augenkrebs, es wurde ihm ein Auge entfernt, er hat seitdem ein Glasauge. Aber dann hat das Nasenbluten wieder angefangen, ich ging mit ihm ins Kinderspital nach Lima, und dort endlich sagten sie mir, dass Benjamin viel zu hohe Blei- und Arsenwerte im Blut habe.»

Da Kinder bei gleicher Kontamination der Umgebung deutlich mehr Blei als Erwachsene im Körper aufnehmen, sind sie besonders betroffen. In der Region leben 2’000 Kinder, welche chronische Schwermetallvergift­ungen aufweisen. Für sie hat dies dramatische Folgen: Blutarmut, Behinderungen und Lähmungen. Die Mutter von Benjamin fordert, dass sich die Glencore-Gesellschaft  verantwortlich zeige und die betroffenen Familien mit den Behandlungskosten unterstütze, damit die Kinder wieder gesund werden. Und betont: «Sie haben Geld und Macht und könnten uns helfen.»

Eine 39-jährige Mutter mit zwei Kindern teilt das gleiche Schicksal. Auch ihr 13-jähriger Sohn Jan Francis ist krank. Er habe dauernd Nasenbluten und Kopf- und Gliederschmerzen. Das Nasenbluten begann als er 7-jährig war und die Ärzte diagnostizierten später Jugend-Arthritis und eine Angststörung. Die Mutter fordert: «Es darf hier keine Umweltverschmutzung mehr geben, die unsere Kinder krank macht.»

Eine Studie von Source International von Februar 2022 analysierte die Auswirkungen der Schwermetallvergiftungen auf die kognitiven Fähigkeiten von Kindern in Cerro de Pasco. Die Kinder wiesen hohe Konzentrationen von Metallen wie Blei, Arsen, Aluminium und Mangan auf. Gemäss den Studienautoren stand vor allem der Bleigehalt, der in den Haaren der Kinder nachgewiesen wurde, in signifikantem Zusammenhang mit dem IQ. Während in Cerro de Pasco hohe Bleigehalte und tiefere IQ-Werte gemessen wurden, wurden in der Kontrollgruppe die niedrigsten Bleikonzentrationen und die höchsten IQ-Werte gemessen.

Centro Labor ist eine lokale Organisation in Cerro de Pasco, die sich seit Jahren gegen die Verschmutzung einsetzt. Der Direktor Wilmar Cosme betont, dass die Menschen vor Ort im Ungewissen gelassen werden: «Wir haben hier keinerlei Information von der Mine, wissen nicht einmal, wo die unterirdischen Stollen unter unseren Häusern verlaufen. Immer wieder kommt es zu Rissen und sogar Einstürzen. Wir möchten wissen, was Volcan-Glencore mit Cerro de Pasco vorhat, ob es die Umweltschäden sanieren wird, ob es hier weiterhin Bergbau betreiben will oder nicht.»

Im September 2021 starb ein 12-jähriges Mädchen in Cerro de Pasco. Das Kind war schwer an aplastischer Anämie erkrankt, wahrscheinlich ausgelöst durch die massive Schwermetallbelastung im Umfeld der Mine.

Glencore streitet Verantwortung ab

Bislang versuchte Glencore stets, sich aus der Verantwortung zu stehlen mit der Behauptung, dass die extremen Verschmutzungen historisch bedingt seien und dass die Mine nun keine Umweltstandards mehr verletze. Doch das ist nachweislich falsch. Die Situation hat sich in letzter Zeit nicht verbessert, im Gegenteil: Eine Haar­analyse bei Kindern zeigt, dass sich die Bleikonzentration in den letzten Jahren weiter verschlimmerte. Zudem wurde die Minengesellschaft Volcan, nach Angaben der peruanischen Umweltbehörde OEFA, zwischen 2018 und 2023 zu Geldstrafen in der Höhe von rund 3,5 Millionen Soles (rund 910’000 US-Dollar) verurteilt, hauptsächlich für Umweltverstösse, Überschreitung von Verschmutzungsgrenzen und Nichtbeachtung von Korrekturplänen.

Kinder spielen auf einem Basketballfeld vor der Mine

Satellitenbilder zeigen stärkere Bleivergiftungen

Auch Satellitenbilder zeigen einen Anstieg der Bleibelastung zwischen 2001 und 2018 in Cerro de Pasco.

Zwei Satellitenbilder von 2001 und 2018 zeigen die erhöhte Beleibelastung auf.
Quelle: Melton, C.A., Hughes, D.C., Spectral detection of Pb contamination at Cerro De Pasco, Peru with ASTER and Sentinel-2 imagery, May 2019

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