EU einigt sich auf Konzernverantwortungsrichtlinie – nun liegt der Ball bei Bundesrat und Parlament
Die EU-Institutionen haben sich heute auf eine finale Fassung der Konzernverantwortungsrichtlinie geeinigt. Die Schweiz droht damit zum einzigen Land in Europa ohne Konzernverantwortung zu werden.
Seit Februar 2022 arbeitete die EU intensiv an einer Konzernverantwortungsrichtlinie (CSDDD), die grosse Unternehmen europaweit dazu verpflichtet, bei ihren Geschäften Menschenrechte und Umweltstandards einzuhalten und klimaschädliche Emissionen zu reduzieren. Die Richtlinie sieht die Einführung von Aufsichtsbehörden in allen EU-Staaten vor, die bei Verstössen Bussen verhängen können. Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden, die Konzerne mit Sitz in der EU verursacht haben, sollen zudem neu Anspruch auf Schadenersatz erhalten.
In der Nacht auf heute haben sich EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Ministerrat in den 5. Trilogverhandlungen auf eine finale Fassung geeinigt, die im Frühling durch die EU-Institutionen noch formell bestätigt wird. Alle EU-Staaten müssen die Richtlinie anschliessend innerhalb von zwei Jahren umsetzen.
Schweiz bald einziges Land ohne Konzernverantwortung
Im November 2020 lehnte der Bundesrat die Konzernverantwortungsinitiative mit dem Argument ab, «international abgestimmt» vorgehen zu wollen und «gleich lange Spiesse» für Unternehmen in der Schweiz und der EU anzustreben. Heute ist die Schweiz bald das einzige Land in Europa ohne Konzernverantwortung.
Dominique de Buman, Alt-Nationalrat der Mitte-Partei und Vorstandsmitglied der Koalition für Konzernverantwortung, sagt dazu: «Gerade auch wegen des sehr knappen Resultats ist für uns klar, dass der Bundesrat dieses Versprechen nun auch einhalten muss. Die Schweiz braucht ein Konzernverantwortungsgesetz, damit auch problematische Goldraffinerien oder Rohstoffkonzerne wie Glencore endlich anständig geschäften und für verursachte Schäden gerade stehen müssen.»
Auch verschiedene Wirtschaftsakteure pochen auf einheitliche Regeln
Ende November 2023 äusserten verschiedene Wirtschaftsverbände in den Medien, dass sie einen raschen Nachvollzug der EU-Konzernverantwortungsrichtlinie wichtig fänden. Dabei wurde auch die Passivität des Bundesrats kritisiert, der aktuell nur an einer kleinen Anpassung der Berichterstattungspflichten arbeitet. Dabei brauche die Wirtschaft Rechtssicherheit und keine doppelte Arbeit durch nicht-übereinstimmende Regeln zwischen der Schweiz und der EU im Bereich Konzernverantwortung.
Neue Initiative angekündigt
Wie die Koalition für Konzernverantwortung bereits Ende November ankündigte, bereitet sie aktuell eine neue nationale Initiative vor, um sicherzustellen, dass das Thema in Bundesbern nicht auf die lange Bank geschoben wird.